Seit ziemlich genau 7 Jahren starte ich nun bei der Challenge Roth. 6x als Einzelstarter und 1x als Schwimmer in einer Staffel. Aber warum gerade in diesem Jahr alles anders war und dieses Rennen meine Verbindung zum Triathlon verändert hat, könnt ihr hier nachlesen:
April 2018 (oder wie alles begann):
Noch 4 Wochen liegen zwischen mir und meinem Start beim Ironman Lanzarote. Was aber bisher fast niemand weiß: schon 5 Wochen nach der ersten Langdistanz in diesem Jahr, starte ich auch schon bei der Zweiten :D. Ich habe mir fest vorgenommen eine neue persönliche Bestzeit in Roth aufzustellen, denn mit dem Rennen habe ich noch eine Rechnung offen. Jetzt nicht so Clint Eastwood-mäßig. Also nicht, dass mir das Rennen etwas getan hat, sondern eher umgekehrt. Ich hatte quasi 5 mal ein Date mit der Challenge Roth und hab mich 5 Mal vor dem Bezahlen gedrückt. 1 Mal hab ich dann wenigstens die Getränke übernommen. Ich bin also der Alan Harper der Challenge Roth. Natürlich im übertragenen Sinn. Ich habe meine Startgebühren immer ganz fein gezahlt, kam rückblickend aber eher nur „einigermaßen vorbereitet“ an die Startlinie.
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Ein kleiner Exkurs zu meinen bisherigen Starts:
2012: Meine erste Langdistanz! Damals noch mit einem geliehenen Rennrad. Ich habe genau 12 Monate vorher überhaupt erst mit Triathlon angefangen und fühlte mich gut vorbereitet.
Ich kam nach 13:10:47 völlig kaputt im Ziel an, war in diesem Moment aber trotzdem der glücklichste Junge der Welt. Ich hatte aber nicht nur meine erste Langdistanz gefinisht. Ich habe wahnsinnig tolle Menschen kennengelernt, aus denen mit den Jahren Freunde wurden. An dieser Stelle auch nochmal ein großes Dankeschön an Clemens und die Jungs vom MTV Aurich. Ohne euch hätte ich wohl nach dem Wettkampf nicht mehr nach Hause gefunden – oder mein Rad – oder meine Autoschlüssel :D. Diese Erfahrung lässt sich schwer zusammenfassen und füllt mit Sicherheit nochmal mindestens einen eigenen Blog Eintrag. Und den findet ihr hier!!
2013: Diesmal stand ich besser vorbereitet an der Startlinie und konnte die Distanz deutlich schneller schaffen: 11:37:20. Was ich wollte und konnte, waren zwar immer noch 2 verschiedene paar Schuhe, aber ich hatte meine Zeit um fast 90 Minuten verbessert. In diesem Rennen habe ich etwas sehr wertvolles gelernt: wenn es anfängt weh zu tun, geht immer noch ein kleines bisschen mehr. Vorher habe ich das für einen Spruch gehalten. So in der Art: „Wenn Du willst, kannst Du alles werden“. Heute stehe ich dazu ein wenig anders.
2014: 20% der Teilnehmer stiegen aufgrund der Wetterbedingungen (34 Grad) aus dem Rennen aus. 20%…das ist schon eine wahnsinnige Zahl. Ich kam in 12:21:13 ins Ziel und war damit ganz zufrieden. In diesem Jahr gewannen Mirinda Carfrae und Timo Bracht das Rennen. Unter anderem starteten auch Challenge Roth Organisator Felix Walchshöfer und….eine 83 Jährige Nonne, Sister Madonna Buder. 83!!! Rückblickend war das ein sehr emotional geladenes und tolles Challenge Wochenende.
2015: 12:36:17 …. langsam wird es recht deutlich. Ich befand mich in einer Endlosschleife wie Bill Murray in „Und täglich grüßt das Murmeltier“ – nur hatte ich deutlich mehr Trainingsaufwand. Ich wurde nicht viel besser, aber auch nicht viel schlechter. Mein absolutes Highlight: Anastasia war in diesem Jahr zum ersten Mal dabei und stand an der Ziellinie. Es hat mir wahnsinnig viel bedeutet, und das tut es auch heute noch.
Es gibt viele Altersklassen Athleten, deren höchstes Ziel darin besteht, einen Triathlon zu finishen. Und alleine dieser Antrieb hat mehr als vollen Respekt verdient. Und zwar von allen Seiten. 360 Grad Respekt! Jeder hat seine eigene Geschichte, seine eigene Motivation und seine eigenen Gründe. Ich habe bisher in jedem Wettkampf in Roth, bis auf 2018, während des Rennens jemanden kennengelernt. Jemanden mit dem ich entweder nur ein Stück, oder ganze Streckenabschnitte auf der Laufstrecke gemeinsam zurückgelegt habe. Gehend oder Laufend, es waren immer Begegnungen der ganz besonderen Art. Man teilt nicht nur diesen gemeinsamen Moment, man teilt so viel mehr. Jeder weiß, was der Andere getan hat, um genau jetzt an genau dieser Stelle zu stehen (gehen, humpeln, laufen :D). Das verbindet :). Die Athleten feuern sich gegenseitig an und unterstützen sich. Manchmal sogar bis in die Reihen der Profis. Und das ist eben auch Triathlon für mich.
Zurück zum Thema:
2016: Meine Zeit: 12:06:11. Jan Frodeno stellte in diesem Rennen mit 07:35:39 eine neue Weltbestzeit auf. Ich ging gerade auf die Laufstrecke, als mir dieser weiß-rote ICE (das waren die Farben seines Triathlon Anzuges) entgegen kam. Er lief in Richtung Ziel, ich in Richtung 42 Km. Ich weiß bis heute nicht, ob das eher motivierend oder furchteinflössend war :). Ich denke aber eher motivierend. Die Bilder habe ich zumindest immer noch deutlich vor mir. Ich blieb kurz stehen und habe überlegt, ob ich ihm die Hand hinstrecke. Ich wette er hätte abgeklatscht. Die Angst dabei einige Finger einzubüßen war allerdings etwas größer :D.
2017: Mein erster Staffelstart. Ich hatte den Schwimm-Part übernommen und konnte so auch mal den Zieleinlauf der Profis sehen und andere Athleten anfeuern. Eine ganz neue Erfahrung, aber auf dem Weg nach Hause kribbelte es natürlich trotzdem in den Beinen.
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Nun soll 2018 nun mein erstes Jahr mit gleich zwei Langdistanzen innerhalb von 5 Wochen werden. Und eine neue persönliche Bestzeit will ich auch unbedingt aufstellen. Ich habe viel gelernt und bin bereit alles dafür zu tun. Eine gute Sache hat die ganze Aktion aber schon vorab: Da ich Lanzarote kurz vor der Nase habe, mache ich mir über Roth noch eher wenige Gedanken. Ich verliere trotzdem nicht den Respekt vor dem Rennen, auch wenn mich in Roth „nur“ 1200 Höhenmeter auf der Radstrecke erwarten. Im Gegensatz zu den 2580 Höhenmetern auf Lanzarote, ist das aber schon mal ein enormer psychologischer Pluspunkt.
Juni 2018 – noch knapp 5 Wochen bis zum Start:
Nachdem ich also aus Lanzarote mit vielen guten Erinnerungen und hoch motiviert wieder in Berlin angekommen bin, heißt es jetzt: 5 Wochen bis Roth. 1 Woche Erholung mit eher geringem Trainingsaufwand und dem Fokus klar darauf, wieder in die Gänge zu kommen. 3 Wochen Training inkl. einer olympischen Distanz in der dritten Woche (Helenesee Triathlon).
Und dann heißt es schon wieder
– Raceweek – !! Ich erhole mich schnell und finde sehr gut ins Training zurück. Es fühlt sich an, als würde ich erst jetzt genau die Form erreichen, die ich mir auch schon für Lanzarote gewünscht habe. Echt irre…da muss man erstmal eins der härtesten Rennen machen, um in Form zu kommen.
Ob das wohl eher eine mentale Geschichte ist? Zumindest teilweise unbestreitbar.
Die olympische Distanz in Berlin verläuft super, auch wenn die Radstrecke noch während des Schwimmens gesperrt werden muss, und der Wettkampf schlussendlich in einem Swim-Run endet. Ich schwimme ganz ordentlich und laufe die 10Km in einem knappen 4 Minuten schnitt. Wir treffen viele Freunde und Bekannte und haben einfach einen super tollen Tag. Nils Frommhold gewinnt das Rennen recht deutlich und es ist einfach super cool, dass die Profis auch mal bei eher „kleineren Rennen“ plötzlich in der Wechselzone auftauchen :). Ich komme wieder, soviel steht fest. Aber jetzt bin ich erstmal bereit für Roth.
Wir planen schon Donnerstag vor dem Wettkampf anzureisen, aber Beyoncé und Jay-Z machen uns einen Strich durch die Rechnung. Die beiden stoppen auf Ihrer OTR2 Tour im Berliner Olympiastadion und NIEMALS können wir uns das entgehen lassen. Ich liebe Jay-Z, Anastasia liebt Beyoncé…wenn wir da nicht hingehen, begehen wir quasi Verrat an uns selbst :D. Die Show ist einfach nur der absolute Wahnsinn und stimmt uns richtig gut für unser kommendes Abenteuer ein.
Ich habe mir für die Zukunft vorgenommen, diese Angst vor den Rennen zu bekämpfen. Diese Angst die jeder kennt, der an einem Tag X (Wettkampf, Hochzeit..solche Tage eben) seine volle Kapazität abrufen will. Davor möchte man möglichst eingewickelt in Schaumstoff und antibakterieller Seide durch die Welt schreiten, sich nicht zu sehr bewegen und um Himmels willen nicht mit vielen Menschen in Kontakt kommen – die könnten ja ne Grippe haben…oder so.
Im Endeffekt hat man aber keine Chance….wie soll man sich denn vor einem Rennen so wirklich wenig bewegen? Wenn man nicht gerade im Privatjet anreist und 30 Sekunden vor dem Start direkt an der Startlinie abgeworfen wird, funktioniert das meiner Meinung nach nicht wirklich. Die letzten beiden Tage vor dem Rennen steht auch viel auf der To-Do Liste: Man schaut sich die Triathlon-Messe an, geht zum Bike Check-In, schaut sich die Region an, geht essen und wieder zur Messe, Startunterlagen abholen etc. Eine 100%ige Erholung ist da eigentlich ausgeschlossen. Der Körper würde nach 8 Monaten Training auch nicht so wirklich verstehen, dass man in der Rennwoche plötzlich einfach gar nichts mehr tut. Der denkt sich dann nämlich auch ganz schnell: Ach cool, Urlaub! Malleeeeee 😀 !! Und dann hat man beim Rennen den Salat.
Nee nee, dann mache ich mir lieber die bestmögliche Zeit vor dem Rennen, und gehe auch mit einem guten Gefühl an den Start.
Ende Juni 2018 – Anreise in Roth:
Es ist Freitag der 29.06. und wir fahren früh morgens gut gelaunt und mit der OTR2 Playlist auf die A100. Wir singen laut „All The Single Ladies“ und es geht raus aus Berlin, rein ins Abenteuer.
Die Fahrt verläuft ohne große Hindernisse. Wir kommen gegen 12:00 in Roth an, parken das Auto und machen uns auf den Weg zur Triathlon Messe. Startunterlagen abholen, ein paar Gels kaufen und die Atmosphäre aufsaugen.
Ich habe die Startnummer 1460 – ich mag Startnummern mit vielen geraden Zahlen…there is a little Sheldon Cooper in all of us….Ich hatte mal die 2228…das war ein Fest :-D.
Es fühlt sich alles sehr vertraut an. Und doch völlig anders. Ich fühle mich anders. Es gibt Momente im Leben, in denen man erst zu einem späteren Zeitpunkt merkt, welche Auswirkungen früher gemachte Erfahrungen haben. Und in diesem Moment merke ich, dass Lanzarote mich verändert hat. Nicht nur meine körperliche Fitness ist eine ganz andere als all die Jahre zuvor, auch mental bin ich gewachsen. Der Artikel zum Ironman Lanzarote (zumindest der Rennbericht) mag hier und da etwas negativer wirken, aber ich bin unendlich dankbar und froh, dieses Rennen gemacht zu haben. Timo sagte mir einen Tag vor dem Start: „Sieh es als Abenteuer, das Rennen hat schon mehr als nur einen Athleten grundlegend verändert“. Er hat recht behalten.
Wir fahren zur 20Km entfernten Pension und beziehen unser Zimmer für die nächsten 3 Nächte. Ich kontrolliere mein Rad und schaue mir an, was so alles im Startbeutel drin ist. Im Gegensatz zu dem Startbeutel den wir beim Berlin Marathon bekommen (wer den Artikel gelesen hat, weiß wovon ich rede) ist heute Weihnachten. Klar kostet so eine Langdistanz mehr als ein Marathon. Mir geht es dabei aber eher um die Mühe die sich der Veranstalter für die Starter macht. Außer einem Rucksack bekommt man zahlreiche Gutscheine, Verpflegung, Getränke, ein Startnummernband, eine Mütze etc. Stark!
Ich bringe die Startnummern an meinem Fahrrad und meinem Helm an, und bereite alles für den nächsten Tag vor. Denn morgen ist schon Bike Check-In :).
Dann fahre ich eine ganz kurze Runde (15Km) mit dem Rad, und gebe wie mit Timo besprochen nochmal 5 Minuten richtig vollgas. Es fühlt sich einfach alles richtig gut an.
Wir erkunden nach dem Abendessen nochmal ein wenig den Ort und freuen uns über die tolle Lage, das schöne Wetter und haben die beste Stimmung die man sich vorstellen kann. Vor dem Einschlafen denke ich noch kurz panisch darüber nach, ob ich an die Salztabletten gedacht hab. Ich springe auf und finde die Tabletten aber recht schnell. Der Puls schießt kurz auf 180. Das hat diesmal schon recht lange auf sich warten lassen :-D. Samstag wird aufregend. Ich treffe mich mit Timo, es geht zum Bike Check-In und der letzte Abend vor dem Rennen steht an.
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Weiter geht es dann bald im zweiten Teil meiner Geschichte zur Challenge Roth 2018. Dann gibt es mehr über das Rennen, was danach so los war und warum ich immer noch nicht da bin, wo ich nun eigentlich hin will.
2 Kommentare
Wie um Buddha’s Willen hast du deine erste Langdistanz mit nur 12 Monaten Vorbereitung geschafft!!!
Ich mag dein Geschreibsel – du schreibst so locker und entspannt und nimmst mir den Druck für das Training dadurch.
Weiter so :)) ! Bitte 😀 .
Danke Dir :). Das freut mich echt riesig, dass dir die Texte nicht nur gefallen, sondern auch noch ein wenig den Druck nehmen. 🙂