Würde man aktuell einen Roman über virtuelle Radrennen schreiben, könnte man fast davon ausgehen, dass Zwift die absolut unumgängliche Fabelwelt wäre, in der dieses mehrteilige Epos stattfinden könnte. Genauso eindeutig der Protagonist: Lionel Sanders.
Aktuell „zwiften“ ca. 1.4 Millionen Hobby- und Profiathleten in 10 verschiedenen Welten, mit mehr als 130 Strecken und vielen offiziellen Rennformaten.
Doch es gibt natürlich noch eine Reihe weiterer Anbieter: Das spanische Unternehmen Bkool, der Rollentrainer Hersteller Tacx, die Softwareunternehmen Rouvy und Road Gran Tours… Die Liste ist lang.
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen den Rennserien und was benötige ich um daran teilzunehmen?
Fangen wir mal von vorne an. Bevor man sich zu den einzelnen Rennserien anmelden kann, benötigt man natürlich erstmal das entsprechende Equipment. Ambitionierte Altersklassenathleten, ob nun im Triathlon oder rein im Radsport, benötigen einen Bluetooth fähigen Smart Rollentrainer, eine Cycling Software und ein mobiles Endgerät zum Koppeln der Leistungsmesser und zur Wiedergabe des Rennens (Handy, Laptop, Tablet etc.). Nicht unterschätzen sollte man ausserdem einen einigermaßen Leistungsfähigen Ventilator.
Klingt easy! Und blendet man WLAN Aussetzer und versehentliche Kabelstolperer während der Rennen aus, ist es das auch tatsächlich. Einmal aufgebaut, gekoppelt und kalibriert, steht der Teilnahme bei Ironman VR Veranstaltungen im hauseigenen Keller beispielsweise nichtsmehr im Weg. Dabei gibt es keine Dresscodes und der Zeitfaktor (funktionierendes Equipment vorausgesetzt) lässt sich beschreiben wie das allgemeine Ziel aller Schüler auf dem Weg zur Schule: „Schnell hin, schnell wieder weg“.
Aber welche Rennserie passt nun zu wem?
Hier eine Übersicht zu einer kleinen Auswahl an Anbietern und Serien und ihre (aus meiner subjektiven Sicht gesehenen) Vor- & Nachteile.
1. ZWIFT
Auf der aktuell beliebtesten Plattform sind bis zu 40 verschiedene Rennteilnahmen pro Tag möglich. Je nach Leistungsstand ist es möglich in verschiedenen Gruppen: A – E zu fahren. Wobei Gruppe A ab 4+ Watt/Kg startet und entsprechend sehr Anspruchsvoll daher kommt, ist Gruppe E mit offener Wattanzahl/Kg zum Reinkurblen und Reinschnuppern perfekt geeignet. (Kosten für die Nutzung der Plattform: ca. 15€ / Monat)
Vorteile: Der Community Faktor ist extrem hoch, man hat viele Mitfahrer und die Möglichkeit miteinander zu interagieren. (Dabei ist das wilde verteilen von akustisch hörbaren Ride On ´´s genauso VERBOTEN wie Aero Helme auf E-Bikes.)
Man hat die Möglichkeit Upgrades zu erhalten und fühlt sich oft fast ein bisschen wie bei GTA. Der wohl größte Vorteil ist die Bandbreite an Profis und Marken, die die Rennen so attraktiv machen . (Bei einigen Rennen kann man bereits echte Fahrräder und hohe Preise gewinnen).
Nachteile: Hier bekommt man alles außer echtes Streckenfeeling. Auch wenn einige Strecken den originalen Nachempfunden sind, sind es doch keine echten GPS Strecken.
2. RGT – Road Grand Tours
Mont Ventoux, Stelvio, Borrego Springs hier hat man tatsächlich die Möglichkeit auf echten Strecken zu trainieren und Rennen zu fahren. Es gibt eine kostenlose Version und eine Premium Version für 14,99 € / Monat. Rennen kann man hier entweder selbst erstellen oder an offiziellen (noch recht wenigen) Rennserien teilnehmen.
Vorteile: Die Möglichkeit einer kostenlosen Mitgliedschaft (eher für vereinzeltes Indoor Training zu empfehlen, da einige Funktionen nicht zur Auswahl stehen). Selbstorganisierte Rennen und die tollen Strecken.
Nachteile: Noch recht wenige Strecken und (menschliche) Mitfahrer. Hier fährt man auch noch oft nur mit oder gegen die KI.
3. Rouvy
Wer an den kommenden Ironman VR Series teilnehmen möchte, kommt an dem Anbieter Rouvy aus Tschechien fast kaum mehr vorbei. 35 Originalstrecken aus Wettkämpfen der Ironman Serie werden hier zum nachpedalieren angeboten. So kann man auf den offiziellen Strecken nicht nur trainieren, sondern auch an Rennen teilnehmen. Ausserdem bietet die Software sowohl Augmented Reality Strecken (Stelvio oder die Strecke des Ironman Hawaii) als auch virtuell gestaltete Strecken.
Vorteile:Analog zu Zwift befinden sich auch auf dieser Plattform bereits einige Marken und Profis. Es gibt echte Preisgelder und Gewinne bei den angebotenen Rennserien. Über 7000km Asphalt, 4000 Route Videos und über 70 Orte und Rennstrecken. Sollte man sich mal ansehen 🙂
Nachteile: Die Community ist noch recht klein und die Mitfahrer (ausserhalb der offiziellen Rennen) oft noch selten. Aber eine Sache steht fest: Die Plattform wächst.
4. Bkool Indoor
Die BKool-Indoor-App bietet eine Vielzahl an Rennserien und sogar die Möglichkeit, die eigene Hausrunde als Strecke nachbauen- und hochladen zu lassen. Will man nicht gegen andere echte Menschen fahren, besteht die Möglichkeit KI Gegner auszuwählen die verschiedene Eigenschaften besitzen (Sprinter, Bergziege etc.).
Vorteile: 100% Kompatibel, jeden Tag neue Rennen und die Möglichkeit 30 Tage kostenlos zu Testen sind nur einige Punkte. Reinschauen lohnt sich auch hier definitiv.
Nachteile: Die Grafik der 3D Welt hinkt den großen Geschwistern noch etwas hinterher.
Natürlich gibt es noch viele weitere Anbieter und glücklicherweise führen nicht (mehr) alle Wege nach Watopia. Es lohnt sich definitiv auch mal öfter über den Tellerrand zu schauen und andere Plattformen im Auge zu behlaten. So findet hoffentlich jeder die passende Möglichkeit um in den kommenden Monaten zumindest etwas Racefeeling zu erleben.
Dranbleiben lohnt sich auf jeden Fall, denn auch die echten Rennen werden hoffentlich bald wieder stattfinden können. Bleibt gesund, Happy racing und ein leises, fast schon kaum hörbares Ride On 😀