Wie mein erstes Skyrace in Norwegen gelaufen ist, wie ich darauf gekommen bin mich dazu anzumelden und warum meine Erwartungen mehr als übertroffen wurden, erzähle ich euch in meinem neuen Blog Artikel zum SkyRace in Tromsø. 32Km mit 2052 Höhenmetern zu laufen, klingt erstmal machbar. Und genau so bin ich auch an dieses Abenteuer ran gegangen :).
Die Definition laut Wikipedia:
Skyrunning: „Skyrunning ist eine extreme Sportart, bei der man Gipfel von über 2.000 Meter laufend erklimmt, wobei die Steigung 30% überschreitet und der Steiggrad die Stufe II° nicht überschreitet“
Okay, dass es sich um eine extreme Sportart handelt, wusste ich schon vorher. Aber von der Steigung von mehr als 30% hab eich erst so richtig erfahren, als ich mich schon auf dem Weg zum ersten von zwei Gipfeln befand :). Learning by doing mit Muskelkater-Garantie.
Aber dazu kommen wir später.
Januar 2018
Es ist Januar und ich sitze mit Freunden in einer Bar, wir quatschen über dies und das und natürlich auch über die Ziele, die sich jeder von uns für das neue Jahr gesetzt hat. Kurz nach Silvester ist es ja manchmal nicht schlecht, sich die Vorsätze und Pläne nochmal in den Sinn zu rufen. Denn legt man diese am 31.12. vor 00:00 fest, kann es ja schon mal passieren, dass man ein paar davon am nächsten Morgen wieder vergessen hat. Hängt natürlich auch von der Party ab :D.
Ich rede mit einer Freundin, darüber, dass ich Kilian Jornet super finde und gerade das Buch gelesen habe, dass Sie mir vor einigen Wochen empfohlen hat: „RUN or DIE“… Lauf oder Stirb. Eins der besten und leidenschaftlichsten Bücher über das Laufen, dass ich bisher gelesen habe. Und dann erzähle ich von einem Plan, den ich schon immer hatte: Einmal ein paar Tage oder eine Woche in Norwegen durch die Wälder und über die Trails laufen. Einfach mal absolut Eins sein mit der Natur. Am liebsten mit einem Zelt, um immer die Möglichkeit zu haben dort zu bleiben wo es mir am besten gefällt. Das braucht natürlich eine recht lange Vorbereitung, damit man mit vielen verschiedenen Dingen (Karten, Umgebung, Witterung, Wildtiere, spezielles Training, Equipment etc.) umgehen kann. Einfach los laufen und irgendwo verschollen im Wald 3 Tage lang Tannenzapfen essen mag ich dann auch nicht. Ich sehe mich schon wie Tom Hanks in Castaway in einer Höhle sitzen und mit einem Eichhörnchen reden, anstatt mit einem Volleyball. Ich würde das Eichhörnchen Frank nennen. Jeden morgen würde mir Frank einen Tannenzapfen vorbeibringen und ich würde ihn mit den Worten „Moin Frank“ begrüßen…er würde mir nicht antworten. Das tun Eichhörnchen für gewöhnlich nicht. Okay zurück zum Thema.
Da ich aber in diesem Jahr noch andere Pläne habe, die mir erstmal wichtiger sind (Ironman Lanzarote / Challenge Roth etc.), muss ich dieses Abenteuer noch hinten anstellen. Sorry Frank!
Und dann erzählt mir eben diese Freundin, dass es im August ein Skyrace gibt, dass von Emilie Forsberg und Kilian Jornet organisiert wird. Ich könnte das noch in die Saison einbauen, denke ich. Eine Kombination aus einer kurzen Reise in mein geliebtes Norwegen und ich könnte zumindest schon mal ausprobieren, wie es sich in Tromsø so läuft.
Am nächsten morgen melde ich mich an.
Die Startgebühr kostet nicht mal 70€. Und am 04.08. um 11:00 fällt der Startschuss für ein ganz neues Abenteuer.
Ich buche die Flüge und ein günstiges Hotel in direkter Nähe zum Start. Dann bereite ich mich aber erstmal auf die anderen Wettkämpfe vor, die in diesem Jahr noch anstehen.
Juli 2018 – noch 3 Wochen bis zum Start
Nach meinem Start bei der Challenge Roth am 01.07. brauche ich erstmal ein paar Tage Ruhe. Anastasia und ich fliegen eine Woche nach Griechenland und kommen am 08. August gut gelaunt und erholt in Berlin an. Die Hauptwettkämpfe für die Saison sind vorbei und jetzt wartet mein erstes echtes Skyrace.
Für die kommenden 3 Wochen schreibt mir Timo einen Plan mit größerem Lauf-Anteil und ich bereite mich so gut wie möglich auf das vor, was da auf mich zukommen wird.
Leider gibt es in Berlin wenige lange Trails und der höchste Berg Berlins ist der Teufelsberg im Grunewald mit 120,1 Metern. Da müsste ich nun also fast 19x hochlaufen um in etwa auf die Höhenmeter zu kommen, die ich in Tromsø einsammeln werde. Um das psychisch zu verarbeiten, müsste man mich wohl danach auch gleich ein paar Wochen im Kurort Bad Saarow abgeben, denke ich. Also laufe ich lieber so viele technische Trails wie möglich und ja, ab und zu auch mal rauf auf den Teufelsberg :).
Meine bisherige Erfahrung mit Bergläufen geht gegen 0 und die größte Anzahl an Höhenmetern die ich bisher während eines Laufes eingesammelt habe, liegt bei knapp 400 Höhenmetern. Wer jetzt denkt: Und dann direkt auf 2052 Meter rauf laufen?!?! – der hat recht :D.
02. August 2018 – Auf nach Tromsø und eine Runde laufen
Ich steige am 02.08.2018 in Berlin Schönefeld in den Flieger nach Oslo und von dort aus geht es mit einem kurzen Aufenthalt von 2 Stunden weiter nach Tromsø. Da ich nur Handgepäck dabei habe, geht das alles super easy und um 15:30 lande ich in der Stadt, die nur 344 Km südlich des Polarkreises liegt. Ich war hier schon einmal vor einem Jahr, allerdings nur für eine Übernachtung. Trotz meines kurzen Aufenthaltes habe ich mich sofort in Tromsø verliebt. Ich weiß nicht warum, aber ich denke es gibt Orte auf der Welt, an denen man sich einfach direkt von Anfang an richtig wohl fühlt. Die Luft ist so unbeschreiblich sauber, der Hafen ist wunderschön und die Gipfel, die majestätisch im Hintergrund der Stadt teilweise schneebedeckt heraufragen…all das hat auf mich einfach eine magische Wirkung.
Ich setze mich am Flughafen in den Bus, der Richtung Stadtmitte der acht größten Stadt Norwegens mit knapp 75.000 Einwohnern fährt und freue mich wie ein kleines Kind.
Keine 15 Minuten dauert die Fahrt und im Hotel angekommen ist mein erster Gedanke: Ich muss sofort eine Runde Laufen :D. Gesagt getan. 11.5 Km mit 400 Höhenmetern am ersten Tag:
Abends schaue ich mir ein wenig die Stadt an, in der man in der Wintersaison regelmäßig Polarlichter und Wale beobachten kann. Aber an diesem Wochenende sieht man anstatt von Walen eine ganz andere Gattung, die den Anwohnern aber aufgrund des Outdoor Tourismus bereits bekannt ist: jede Menge bunt angezogene Läufer mit riesigem Hunger…ich bin einer von ihnen und finde schließlich ein schönes Restaurant, esse etwas und gehe bald ins Bett.
Gar nicht so einfach hier einzuschlafen. Ein Tag hat (in den Sommermonaten) in der Regel 20 Stunden Tageslicht, die Sonne geht um 02:20 auf und gegen 23:12 unter. Die Zeit der Mitternachssonne ist zwar seit ein paar Tagen vorbei, aber trotzdem wird es hier nicht wirklich dunkel. Auch ein wahnsinniges Naturschauspiel, das man einmal erlebt haben muss. Morgen will ich um 10:00 am Treffpunkt am Hotel sein, denn dann startet der Bus in Richtung Blamann Vertical. Ein Rennen, dass ich mir gerne als Zuschauer ansehen will. Es geht vom Ufer des Fjords auf dem schnellst möglichen Weg rauf auf 1000hm. Wahnsinn!
03.08.2018 – Blamann Vertical
Am nächsten Morgen um 09:30 stehe ich vor dem Bus, der mich zu meinem ersten Vertical Race bringen wird. Ich schaue zwar nur zu, bin aber irgendwie trotzdem super aufgeregt. Wir fahren los und ich kann die Anspannung vieler Läufer in Ihren Gesichtern erkennen, denn das Rennen ist auch ein Wettkampf der „Vertical Kilometer World Series“ und somit ein Teil der Weltmeisterschaften.
(Ich versuche kurz zu beschreiben, warum ich so unfassbar aufgeregt war: schon seit Jahren habe ich den leisen Wunsch ein solches Rennen zu machen. Nach unendlich vielen Dokus, Büchern und Blogs habe ich davon geträumt, so etwas mal zu machen. Trotzdem war es immer weit entfernt und „nur“ ein Gedanke. Bei der Fahrt zum Blamann wurde mir langsam aber sicher bewusst, dass sich mein Traum erfüllt. Ich bin hier! Ich liebe es einfach hier zu sein und wünsche mir meine Familie, Anastasia und alle meine Freunde zu mir an diesen Ort, damit sie sehen und fühlen können, was ich fühle. Es ist großartig!!!)
Am Fuß des Blamann angekommen, steige ich aus und schaue (wahrscheinlich mit offenem Mund) nach oben. Wahnsinn! Da will ich rauf! Zumindest ein Stück, damit ich gute Bilder machen kann. In 40 Minuten startet das Rennen, also muss ich mich etwas beeilen und laufe mit einigen anderen Supportern die abgesteckten Pfade entlang, immer weiter rauf auf den Berg. Die Aussicht wird immer unrealistischer und schöner, aber darauf kann ich mich nicht konzentrieren. Der Trail ist wirklich sehr anspruchsvoll und man muss sich voll auf seine nächsten Schritte konzentrieren.
Nach knapp 30 Minuten bin ich auf 400 Metern Höhe angekommen und überlege jetzt hier zu bleiben um Fotos zu machen. Aber vor mir liegt ein kleines sehr steiles Stück, dass ich noch bewältigen möchte. Also steige ich auf insgesamt 600 Meter Höhe. Bevor ich stehen bleibe um mich mit der Kamera zu positionieren, schaue ich mir die letzten Meter an, die ich gerade zurückgelegt hatte. Dabei vor allem die letzten 60-80 Meter. Ich bin einfach über eine Steinplatte, deren Steigung ich auf über 20% schätzen würde, weiter hinaufgestiegen. Für alle Anderen, die hier vor mir und nach mir rauf kommen bestimmt kein großes Ding. Aber für mich ist das der Optimus Prime meiner bisherigen SkyRace Karriere. „Wie zur Hölle bin ich hier hochgekommen“ 😀
Das Rennen startet und kurz nachdem ich mir ein schönes Plätzchen gesucht habe, kommen die ersten Läufer. Und die sind verdammt flink und super schnell. Dagegen bin ich hier eben hochgekrackselt wie der Alm-Öhi auf Opium.
An der Spitze befinden sich mit großem Vorsprung 3 Jungs, die das Rennen am Ende auch gewinnen. Unglaublich, wie viele Starter hier noch nachkommen, alle völlig am Ende ihrer VO2max Grenze angekommen und viele schon darüber hinaus :).
Bevor ich mit dem Abstieg beginne, verstaue ich meine Kamera und alles was irgendwie lose ist, so gut wie möglich in meinen Taschen. Ich habe mir vorgenommen den Weg zurück so schnell (aber sicher) wie möglich zurückzulegen. Das macht Spaß ohne Ende, denke ich mir und laufe, springe, klettere zurück ins Tal. Einmal rutsche ich ein wenig weg und lande etwas unsanft auf meinem rechten Oberschenkel. Tut nicht weh, alles easy. Weiter geht´s. Unten angekommen ging es wieder zurück in den Bus und in Richtung Stadtmitte. Auf dem Weg müssen wir 2 mal stoppen, weil ein paar Rentiere auf der Straße unterwegs sind – Und die haben in Norwegen eindeutig Vorfahrt. Stark :)!
Im Hotel angekommen, merke ich, dass meine Oberschenkel schon ein wenig zwicken. Nicht durch den Sturz, eher durch die 600 Höhenmeter die ich heute zurück gelegt habe.
Ich besuche die Wettkampfbesprechung und gehe früh zurück ins Hotel. Morgen ist der große Tag. Ich versuche die vielen wundervollen Eindrücke zu verarbeiten und schlafe gegen 23:00 ein.
Was für ein TAG!!!!
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Mein Rennen am nächsten Tag war so spannend und es ist so wahnsinnig viel passiert, dass ich euch ganz ausführlich im zweiten Teil darüber Berichten werde. Schon mal vorab: Wenn es innerhalb der ersten 7.5 Km schon auf 760 Höhenmeter rauf geht, ja, dann kann man sich langsam vorstellen, worauf man sich eingelassen hat :-D.